Nach langen Bemühungen hatte ich es endlich geschafft, eine Einladung
auf die Feier zur Deutschen Einheit in der Botschaft zu ergattern (die
Organisation in der Deutschen Botschaft Neu Delhi scheint eher indischer
Natur zu
sein
- da soll
mal einer
sagen,
das die Deutschen nicht anpassungsfähig sind ;)). Unser lieber
Bundeskanzler sollte auch kommen (deshalb fand die Feier auch erst
am 6.10 statt)
und so besorgte ich mir schnell noch eine netten indischen Synthetikanzug,
um nicht
ganz aus
dem
Rahmen
zu fallen
- für
die passenden
Schuhe hatte ich keine Zeit mehr :). Es ist schon ein besonderes Erlebnis,
den Bundeskanzler persönlich zu treffen - mag man von ihm halten,
was man will. Vor allem ist es interessant, wie sich Leute verändern
und verstellen können, wenn
Aber zuvor musste man sich durch eine nicht sehr überzeugende Sicherheitskontrolle
(meine grosse Kameratasche mit Plastiksprengstoff blieb vollkommen unbeachtet
;)) und das nach Protokoll obligatorische Händeschütteln mit dem Botschafter
hindurch bringen. Dann hiess es Feuer frei und zum Angriff auf das Buffet
mit Bratwürsten und zum Glück auch indischen Spezialitäten. Aber halt
- leider nicht für mich, da in meinen Innereien einige unruhige Einzeller
das Verdauungsgleichgewicht störten.
Die Feier fand im Botschaftspark statt, der sehr schön beleuchtet und
geschmückt war - eine angenehme Oase der Ruhe. Es waren hunderte Kellner
anwesend und man konnte gar nicht schnell genung "Nein danke" sagen,
wenn wieder einer mit einem Tablett voller Getränke oder Snacks ankam.

Gäste im schön beleuchteten und geschmückten Botschaftspark
Das Publikum war eher von gesetzterer Natur und es befanden sich einige
Botschafter darunter (vor allem aus afrikanischen Ländern) die durch
ihre lustigen Phantasieuniformen auffielen. So einige Gesprächsfetzen
gingen duch meine Ohren und ich konnte mal wieder feststellen, das High-Society
nicht gleichzeitig ein hohes geistiges Niveau bedeutet...
Aber zum Glück traf ich dann ein paar Studenten, die als Praktikanten
beim Bau der Metro in Neu Delhi mithelfen, eine nette Journalistin und
andere
jüngere Leute. Frankreich liess sich auch durch die Jugend vertreten
und wir alle hatten eine Menge Spass - die Kellner mussten auch immer
neue Tricks anwenden, um dann doch noch ein Glass Wein aus den angeblich
leeren
Flaschen herbeizuzaubern.

Gerd hält seine Rede
Irgendwann traf dann auch der Kanzler ein und die grosse
Rederei begann. Leider gingen die oben genannten kleinen Tierchen zu
diesem Moment mit grosser Tatkraft in mir zu Sache, so dass ich einen
Teil der Rede bei einer Sitzung auf der Botschaftstoilette verpasste
- die
Sicherheitsleute
im Klo schauten etwas verdutzt...aber so toll war die Rede dann auch
wieder nicht - wahrscheinlich war auch der Redeschreiber mit den kleinen
Tierchen in Kontakt gekommen und so nicht ganz auf der Höhe ;)...

Fröhlicher Kanzler
- im Hintergrund ein wachsamer Bodyguard
Als sich das Gedränge um den Gerd nach der Rede etwas
gelegt hatte und auch die Männer mit dem Knopf im Ohr etwas ruhiger
wurden, bin ich dann hingegangen und habe ihm artig die Hand geschüttelt.
Dabei grüsste ich ihn von allen Sachsen und wünschte ihm viel
Kraft für weitere
nötige Reformen - er fand es lieb und war erfreut einen Sachsen
in Indien zu treffen...
Ich machte einige interessante Kontakte und es ist schon
interessant, wie schnell man in Ausland durch die kleinere Gemeinde der
Deutschen schnell an "wichtige" Leute in interessanten Positionen gerät.
Ich sprach auch mit einem netten Thüringer, der durch seine ungefilterten
Dialekt schon von weitem hörbar war - schön, mal wieder ein Stück "Fast-Heimat"
zu hören - die Sachsen mögen es mir verzeihen :)...

Schöne Frauen waren zum Glück auch anwesend
Da das Publikum nicht unbedingt aus Partyleuten bestand,
leerte sich der Park dann recht schnell - wir hielten es natürlich bis
zum Ende aus und verliessen das Gelände erst, als dann auch die Kellner
nach dem aufräumen endlich nach Hause wollten.

Ungetrübter Biergenuss
Das nicht ganz ernst zu nehmende Fazit des Abends war dann
folgendes:
Der Kanzler ist, wie erwartet, auch nur ein normaler Mensch
mit einem
sehr vollen
Terminkalender.
Einzeller, welche den Verdauugstrakt befallen, sind keine netten und
schützenswerten Tiere.
Franzosen trinken überall Wein.
Deutsche essen
überall Bratwurst und trinken dazu Bier.
Es ist nicht schön, anderen nur beim Bier trinken und Würstchen essen
zuschauen zu können. Es war schön,
mal wieder deutsch zu sprechen.
Es gibt in allen Gesellschaftschichten den gleichen Prozentsatz
an netten Leuten und Idioten. Im Dunstkreis der Macht werden Menschen
schnell zu Arschkriechern.
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